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Weitwandern am Johannesweg im Mühlviertel

  • Start- und Endpunkt: Gemeinde Pierbach (großer kostenfreier Parkplatz)
  • Länge: 84 km
  • Höhenmeter: 2.860 hm bergauf
  • Gegangen in 4 Tagesetappen

Ich möchte hier keine klassische Wegbeschreibung abgeben - das würde den Rahmen definitiv sprengen. Alle wichtigen Informationen findet man ohnehin auf der bestens aufbereiteten Website www.johannesweg.at. Ich möchte lediglich persönliche Einblicke geben, wie ich den Weg erlebt habe.

 

Wie habe ich mich vorbereitet?

  • Wenn ich ehrlich bin: relativ wenig. Ich habe mich am Dienstag völlig spontan dazu entschlossen und bin am Donnerstag früh losgestartet. 
  • Ich habe mich bei meiner Planung auf 4 Tagesetappen geeinigt und die Unterkünfte im Voraus gebucht. Das nimmt zwar ein bisschen Spontaneität, ich wollte mich aber auf das Gehen konzentrieren und mich nicht unterwegs mit Herbergssuche beschäftigen.
  • Die "Johannesweg App" ist Goldes wert. Unbedingt herunterladen! Sie navigiert in Echtzeit auf der Wanderung und enthält neben einer interaktiven GPS-Karte auch viele interessante Informationen. 
  • Ich hatte meine Tourenbeschreibung für 4 Tage (für routinierte Wanderer) in ausgedruckter Form dabei. Vor allem die Einkaufsmöglichkeiten am Weg mit den Öffnungszeiten waren für mich sehr hilfreich.

Etappe 1 - Gemeindeamt Pierbach bis Burgruine Prandegg  

Weglänge: ca. 16 km - 569 hm bergauf, 364 hm bergab,

Gehzeit: ca. 5 h

Ich kämpfe am ersten Tag ordentlich mit der Temperatur von knapp 30 Grad und mit meinem 8 kg schweren Rucksack. Ich bin für alles gerüstet - auch für einen überraschenden Wintereinbruch auf der Mühlviertler Alm Ende August - und so empfinde ich den ersten Tag eigentlich am beschwerlichsten. Die Landschaft ist wunderschön aber auch extrem hügelig und das stetige Auf und Ab verlangt zusätzlich viel Kraft. Und auch mein Tempo darf ich drosseln - ich bin viel zu schnell unterwegs.

 

Ich habe mich für die erste Übernachtung in einer urigen und einfachen Schlafkoje in der Taverne Prandegg entschieden und es stört mich auch nicht, die Sanitäranlage mit 3 anderen Pilgern zu teilen. In der Nacht schlafe ich wie ein Murmeltier - ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal 9 Stunden durchgeschlafen habe.

 

Etappe 2 - Ruine Prandegg bis Weitersfelden

Weglänge: ca. 23 km - 833 hm bergauf, 784 hm bergab,

Gehzeit: ca. 7 h

Der sympathische Tavernen-Wirt hat mir schon um 6.30 Uhr Frühstück gerichtet und so mache ich mich zeitig vor den anderen Pilgern auf den Weg durch das Tal der Waldaist. Es hat in der Nacht geregnet und die Temperatur steigt heute (und auch in den nächsten Tagen) nicht über 18 bis 20 Grad. Wie wohltuend!

 

Der Johannesweg bietet neben etlichen Kraftplätzen auch 5 Gipfelerlebnisse. Mit einem alpinen Abschnitt werde ich heute beim Aufstieg auf den Herzogreitherfelsen belohnt. Als ich den Ausblick genieße, lässt sich sogar kurz die Sonne blicken. Ein erhebendes Gefühl, auf dieser beeindruckenden Felsformation zu stehen!

Meine größte Herausforderung an diesen ersten beiden Tagen ist aber nicht das Gehen an sich, sondern die logistische "Beschaffung" von Nahrung und Trinkwasser zum Nachfüllen zum richtigen Zeitpunkt. Im Rucksack habe ich nur ein paar Power-Riegel für den Notfall mit, Essbares muss ich mir rechtzeitig auf dem Weg organisieren, bevor die Kraft nachlässt. Ich esse nicht gerne beim Gehen und somit wird es schwierig, mehr Kalorien zu mir zu nehmen, als ich verbrauche.

 

Ein Highlight kurz vor Erreichen meines Etappenziels stellt für mich die Station der "Zwischenstromwiese" dar - ein Rastplatz mit Holzliegen, an dem die schwarze und die weiße Aist zur Waldaist zusammenfließen. Zeit, um die Füße im rostbraunen Wasser zu erfrischen und die Seele baumeln zu lassen. 

 

Etappe 3 - Weitersfelden bis Königswiesen

Weglänge: ca. 28 km, 913 hm bergauf, 951 hm bergab,

Gehzeit: ca: 7,5 h

Anhand der Eckdaten der heutigen Etappe stelle ich mich morgens auf den schwierigsten Teil des Weges ein. Ich habe zwar keinen Muskelkater und keine Schmerzen, bin aber dennoch ein bisschen nervös beim Weggehen. Schaffe ich diese Etappe mit geschätzten 8 Stunden Gehzeit heute? Hält das Wetter? Fragen über Fragen.

Und dann passiert etwas sehr Angenehmes: das Gedankenkarussell in meinem Kopf verblasst, Bilder der letzten Monate verschwinden und es wird still in mir. Ich versinke im Gehen, ein Schritt nach dem anderen - Meditation kann nicht besser wirken und der Weg wird plötzlich sehr leicht. Auch landschaftlich empfinde ich diese Etappe am Schönsten!

 

Ich komme früher als geplant im nächsten Quartier in Königswiesen an und buche zu meinem "Wanderzimmer" sofort den Wellness-Bereich dazu, als ich höre, dass es Sauna und Infinity-Pool gibt. Darf man sich beim Pilgern ein bisschen Luxus gönnen? Darf man!

 

Etappe 4 - Königswiesen bis Pierbach

Weglänge: ca. 17 km, 545 hm bergauf, 577 hm bergab,

Gehzeit: ca. 5 h

Ich bin ein bisschen wehmütig - die letzte Etappe liegt vor mir. Bevor ich losmarschiere, besuche ich noch die spätgotische Pfarrkirche Königswiesen mit ihrem beeindruckenden Schlingrippengewölbe. 

Ich habe in den letzten Tagen in jeder Kapelle und Kirche Teelichter für meinen Weg und für meine Liebsten angezündet. In dem Moment, als ich mich heute dazu entschließe, auch ein Teelicht für jene Menschen anzuzünden, mit denen ich derzeit nicht im Frieden bin, beginnt am Marktplatz vor der Kirche eine Blasmusikkapelle einen traurigen Marsch zu spielen. Die Musik berührt mich tief und öffnet alle Schleusen in mir!

 

Es ist fast nicht zu glauben, aber in den letzten 3 Tagen ist mir auf der gesamten Wegstrecke keine einzige Menschenseele begegnet. So auch heute. Um dieses ruhige Gefühl in mir zu bewahren, mache ich nicht wie geplant Mittagsrast auf der Burgruine Ruttenstein, sondern suche mir im Wald ein ruhiges Plätzchen und genieße mein Käsebrot vom Frühstücksbuffet. 

 

Auf meinem letzten Kilometer erlebe ich dann den für mich am stärksten spürbaren Kraftplatz beim Wasserfelsen an der Naarn, bevor ich zum Abschluss des Weges zum Friedenskreuz hoch über Pierbach aufsteige. Mich erfüllt tiefe Dankbarkeit!

 

Was hat der Weg mit mir gemacht?

Stärker hat er mich gemacht. Selbstvertrauen hat er mir geschenkt und die tiefe Zuversicht, dass ich meinen Weg gehen werde.

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Kommentare: 2
  • #1

    Sabine Haider (Sonntag, 31 August 2025 21:14)

    Danke für die emotionalen und tollen Einblicke in deine Wanderung. Gratuliere �

  • #2

    Patrizia (Sonntag, 31 August 2025 21:20)

    Liebe Manuela, du kannst richtig stolz auf dich sein, was du in den letzten Monaten geleistet hast. Es ist einfach schön, deine Berichte und Worte zu lesen - ehrlich und lebensecht. �